Zeugen Jehovas-Aussteigerin: Wie ist das Leben danach?

Y-Kollektiv
6 Feb 202026:16

Summary

TLDRDieses Video skizziert das Leben von Vanessa, einer ehemaligen Zeugin Jehovas, die sich nach vier Jahren für ihre Freiheit entschied. Sie erzählt von der hartnäckigen Indoktrination, der Aussage ihrer Eltern und der Schaffung eines neuen Lebens ohne die strengen Regeln ihrer Religion. Vanessas Geschichte ist eine der Selbstfindung, der Überwindung von Ängsten und der Neuentdeckung der Welt jenseits ihrer früheren Grenzen. Das Video bietet Einblicke in ihre Transformation und zeigt, wie sie ihre Identität neu formt, während sie mit der Vergangenheit und der Familie, die sie verloren hat, umgeht.

Takeaways

  • 😔 Vanessa war früher Mitglied der Zeugen Jehovas und ist vor vier Jahren ausgestiegen, was ihr Leben grundlegend veränderte.
  • 👋 Nach dem Austritt hat Vanessa keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und den meisten Freunden, die in der Gemeinschaft waren.
  • 🏠 Sie wohnt jetzt in einer WG, was als Zeugin Jehovas nicht erlaubt gewesen wäre, und genießt die Freiheit, ihre eigene Lebensweise zu wählen.
  • 🚫 Als Mitglied der Zeugen Jehovas musste sie sich vielen strengen Regeln unterwerfen, darunter das Feiern von Geburtstag und Weihnachten, sowie das Verhalten im Alltag.
  • 🔓 Vanessa beschreibt ihren Ausstieg als einen Prozess der Selbstfindung und Freiheit, bei dem sie ihre eigene Identität formte.
  • 🤔 Der Austritt löste bei ihr eine tiefe Reflexion über Religion und persönliche Überzeugungen aus, und sie stellte ihre bisherigen Glaubensüberzeugungen in Frage.
  • 💪 Sie hat sich gegen die Erziehung und die Einflussnahme ihrer Eltern und der Gemeinschaft ausgesprochen und sich für ein selbstbestimmtes Leben entschieden.
  • 📝 Vanessa schreibt einen Brief an ihre Eltern, in dem sie ihre Entscheidung und den Wunsch nach einer normalen Beziehung ausdrückt, ohne jedoch die Erwartungen zu erfüllen.
  • 👩‍⚕️ Nach dem Austritt suchte sie Hilfe bei Dieter Rohmann, einem Psychologen, der sich auf Aussteiger aus Sekten spezialisiert hat, um mit den Herausforderungen des Neuanfangs zurechtzukommen.
  • 🌈 Sie hat sich neuen Interessen und einer abwechslungsreichen Lebensweise hingeworfen, einschließlich der Arbeit mit sterbenden Menschen und der Teilnahme an Freizeitaktivitäten, die sie früher nicht machen durfte.
  • 🎥 Durch das Teilen ihrer Geschichte in diesem Video schließt sie jede Möglichkeit aus, in die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas zurückzukehren, da Aussteiger, die über ihre Erfahrungen sprechen, als 'abtrünnig' angesehen werden.

Q & A

  • Was war das Hauptthema des Gesprächs mit Vanessa?

    -Das Hauptthema des Gesprächs war Vanessas Ausstieg aus den Zeugen Jehovas und die Veränderungen im Leben, die ihn begleiteten.

  • Wie lange war Vanessa Mitglied bei den Zeugen Jehovas?

    -Vanessa war ihr ganzes Leben lang Mitglied bei den Zeugen Jehovas bis sie vor vier Jahren ausgestiegen ist.

  • Was war der Auslöser für Vanessas Ausstieg aus den Zeugen Jehovas?

    -Der Auslöser war ein Konflikt, bei dem sie dachte, dass Gott oder die Gemeinschaft falsch glaubten, dass sie ein Verstoß bedauert hätte, was sie nicht tat.

  • Wie hat sich Vanessas Leben nach dem Ausstieg verändert?

    -Nach dem Ausstieg hat sich Vanessas Leben grundlegend verändert, sie hatte keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und den meisten Freunden und konnte zum ersten Mal wirklich frei entscheiden, was sie tun und lassen wollte.

  • Was waren einige der strengen Regeln, denen Vanessa als Zeugin Jehovas folgen musste?

    -Einige der strengen Regeln waren das Verbot, Rauchen, zu viel Alkohol zu konsumieren, fluchen, Geburtstage oder Weihnachten zu feiern, Tattoos und Piercings zu tragen oder vor der Ehe Sex zu haben.

  • Wie hat Vanessa ihre Freiheit nach dem Ausstieg ausdrückt?

    -Vanessa drückt ihre Freiheit aus, indem sie nur das tut, worauf sie Lust hat, zum Beispiel indem sie nur zwei- bis dreimal die Woche arbeitet und sich Zeit für ihre Hobbys und Freunde nimmt.

  • Was war das Ziel von Vanessa, als sie einen Brief an ihre Eltern schrieb?

    -Das Ziel von Vanessa, als sie den Brief schrieb, war es, ihre Entscheidung für ein selbstbestimmtes Leben zu erklären und nach einem normalen Kontakt zu ihren Eltern aufzubauen.

  • Wie hat sich Vanessas Beziehung zu ihren Eltern nach dem Ausstieg verändert?

    -Nach dem Ausstieg haben sich Vanessas Eltern von ihr distanziert, sie sagen sich nur noch auf der Straße Hallo und haben keine enge Beziehung mehr.

  • Was hat Vanessa unternommen, um sich nach dem Ausstieg weiterzuentwickeln?

    -Vanessa hat sich ehrenamtlich in einem LGBTQ-Verein engagiert, sich zur Sterbebegleiterin ausbilden lassen und eine Ausbildung zur Masseurin begonnen.

  • Was war das Ziel von Vanessa, als sie sich an den Tag im Münchner Olympiastadion erinnerte?

    -Das Ziel von Vanessa, als sie sich an den Tag im Olympiastadion erinnerte, war es, ihre Vergangenheit als Zeugin Jehovas zu überwinden und ihre Freiheit zu feiern, indem sie dort, wo sie früher sitzen musste, nun steht.

  • Wie hat Vanessa ihre Entscheidung bestätigt, nicht zurück zu den Zeugen Jehovas zurückzukehren?

    -Vanessa hat ihre Entscheidung bestätigt, indem sie an einem Film teilgenommen hat, bei dem sie als Aussteigerin Interviews gab, was als 'abtrünnig' angesehen wird und sie damit aus der Gemeinschaft ausgeschlossen hat.

Outlines

00:00

🎉 Ausstieg aus den Zeugen Jehovas

Der erste Absatz erzählt die Geschichte von Vanessa, einer ehemaligen Zeugin Jehovas, die sich nach vier Jahren entschieden hat, die Gemeinschaft zu verlassen. Sie beschreibt ihre Befreiung von den Regeln und Vorstellungen der Organisation, ihre Ablehnung gegenüber der Lebensweise und die Konfrontation mit ihrer Familie, die ihre Entscheidung nicht unterstützen. Vanessa findet ihre Identität und beginnt, ihr eigenes Leben zu gestalten, frei von den Vorschriften und den Erwartungen der Zeugen Jehovas.

05:01

🌟 Selbstbestimmung und Wandel

In diesem Absatz wird Vanessas Leben nach dem Ausstieg aus den Zeugen Jehovas thematisiert. Sie hat ihre Freiheit entdeckt und lebt nun nach ihren eigenen Wünschen. Die Veränderung ihres Lebens ist tiefgreifend: Sie hat keine Kontakte mehr zu ihrer Familie und den meisten Freunden, die in der Gemeinschaft geblieben sind. Vanessa ist 26 Jahre alt, wohnt in einer WG und hat einen Mitbewohner, was sie früher nicht erlaubt gewesen wäre. Sie reflektiert über ihre Kindheit und die vielen Verbote, die von den Zeugen Jehovas aufgelegt wurden, und wie sie sich nun ihrer neuen Freiheit annimmt.

10:08

🦋 Der Ausstieg als Symbol des Widerstands

Der dritte Absatz erzählt die Geschichte hinter Vanessas Ausstieg. Sie wurde von ihrer Mitbewohnerin, auch eine Zeugin Jehova, beim Sex erwischt, was eine schwerwiegende Verletzung der Regeln darstellt. Um aus der Gemeinschaft nicht auszuwerfen, musste sie vor anderen Mitgliedern vortäuschen, bedauern zu wollen. Diese Situation führte dazu, dass sie ihre Überzeugungen in Frage stellte und schließlich den Entschluss fasste, die Gemeinschaft zu verlassen. Der Schmetterling, ein Symbol für Wandel und Widerstand, wird als喻 der Ausstieg beschrieben.

15:09

🏛 Der Königssaal und die offizielle Trennung

In diesem Absatz wird der Ort beschrieben, an dem Vanessa ihren Ausstieg aus den Zeugen Jehovas vollzog: der Königssaal, wo die Gottesdienste der Gemeinschaft stattfinden. Sie schreibt einen Brief, in dem sie ihre Entscheidung ausspricht und keine weiteren Kontakte wünscht. Die Passage reflektiert ihre Angst vor Konfrontation und ihre Erleichterung, als sie schließlich ihre Entscheidung getroffen hat. Es wird auch erwähnt, dass die Zeugen Jehovas in Deutschland als anerkannte Glaubensgemeinschaft gelten, was von einigen Experten kritisiert wird.

20:12

👩‍💼 Neue Wege nach dem Ausstieg

Der fünfte Absatz zeigt, wie Vanessa ihr Leben nach dem Ausstieg neu aufbaut. Sie arbeitet als Helferin für eine behinderte Person, ist in einem LGBTQ-Verein tätig und plant, eine Ausbildung zur Masseurin zu beginnen. Sie reflektiert auch über ihre frühere Arbeit bei der Stadt und wie ihre Rolle als Zeugin Jehova ihre berufliche Laufbahn beeinflusst hätte. Vanessas Leben ist voller Abwechslung und sie sucht nach neuen Erfahrungen, um weiter zu wachsen.

25:16

💔 Die familiäre Zerrüttung und die Suche nach Akzeptanz

In diesem Abschnitt wird die emotionale Zerrüttung in Vanessas Familie nach ihrem Ausstieg thematisiert. Sie schreibt einen Brief an ihre Eltern, in dem sie ihre Liebe und ihren Wunsch nach einer normalen Beziehung zum Ausdruck bringt, aber auch ihre feste Entschlossenheit, ihr Leben selbstbestimmt zu führen. Leider können ihre Eltern diese neue Realität nicht akzeptieren, und die Beziehung bleibt formell und distanziert. Vanessa zeigt jedoch eine unerschütterliche Stärke und Überzeugung in ihrer Entscheidung.

🤔 Der Prozess der Selbstfindung

Der siebte Absatz beschreibt den Prozess der Selbstfindung, den Vanessa nach ihrem Ausstieg durchlebt. Sie reflektiert über ihre frühere Indoktrination und wie sie die Welt, in der sie lebt, neu bewertet und ihre eigenen Werte entwickelt hat. Die Therapie mit Dieter Rohmann, einem Psychologen, der sich auf Aussteiger aus Sekten spezialisiert hat, spielt eine wichtige Rolle bei dieser Selbstfindung. Vanessa lernt, ihre eigene Identität zu finden und die Welt aus einer neuen Perspektive zu sehen.

🎢 Die Suche nach Freiheit und Abenteuer

In diesem Absatz wird Vanessas neue Lebensfreude und ihre Lust auf Abenteuer und Freiheit hervorgehoben. Sie nimmt an einer gefährlichen Aktivität teil, die sie als Zeugin Jehova nicht tun durfte: Sie klettert auf das Dach des Münchner Olympiastadions. Dies symbolisiert ihren Neuanfang und ihre Fähigkeit, Grenzen zu überschreiten und neue Erfahrungen zu sammeln. Ihre beste Freundin Nuni begleitet sie dabei, und gemeinsam genießen sie die Freiheit, die ihnen nach dem Ausstieg zur Verfügung steht.

🚫 Abschied von der Gemeinschaft

Der letzte Absatz schließt das Video und die Geschichte von Vanessa ab. Sie gibt Interviews über ihren Ausstieg und ihre Erfahrungen als Zeugin Jehova, was bedeutet, dass sie als 'abtrünnig' betrachtet wird und nicht in die Gemeinschaft zurückkehren kann. Vanessa akzeptiert diese Tatsache und zeigt, dass sie damit zufrieden ist. Sie ist sicher, dass sie nicht zurückkehren möchte und dass ihre Entscheidung, frei zu sein, den richtigen Weg ist. Das Video endet mit einem Aufruf an die Zuschauer, ihre Erfahrungen zu teilen, und einem Verweis auf weitere Informationen über die Zeugen Jehovas.

Mindmap

Keywords

💡Zeugen Jehovas

Die Zeugen Jehovas sind eine christliche宗派, die für ihre weltweite Missionierung und ihre strengen Lebensregel bekannt ist. Im Video erzählt die Protagonistin Vanessa von ihrer Zeit als Zeugin und ihrem Ausstieg. Das Thema der Zeugen Jehovas ist zentral für das Video, da es die Hintergrundgeschichte von Vanessa und ihre familiären Beziehungen bestimmt.

💡Ausstieg

Der 'Ausstieg' bezieht sich auf den Prozess, wie jemand eine Religion oder Organisation verlässt. Im Kontext des Videos ist der Ausstieg von Vanessa aus den Zeugen Jehovas ein zentrales Ereignis, das ihr Leben grundlegend verändert und sie auf einen neuen Lebensweg bringt.

💡Selbstbestimmung

Selbstbestimmung bedeutet, dass eine Person ihr eigenes Leben nach eigenen Idealen und Wünschen gestaltet. Im Video sucht Vanessa nach Selbstbestimmung, nachdem sie die strengen Regeln der Zeugen Jehovas verlassen hat, und entscheidet sich für ein Leben, das ihren persönlichen Werten entspricht.

💡Konfrontation

Konfrontation bedeutet, sich mit Herausforderungen oder Widrigkeiten auseinanderzusetzen. Vanessa hat Angst vor Konfrontation, was sie im Video äußert, als sie den Königssaal der Zeugen Jehovas besucht, aber sie lernt, mit diesen Ängsten umzugehen und für ihre Freiheit zu kämpfen.

💡Lebensweise

Die 'Lebensweise' einer Person umfasst ihre alltäglichen Gewohnheiten, Überzeugungen und Praktiken. Vanessa distanziert sich von der Lebensweise der Zeugen Jehovas, die viele Einschränkungen und Regeln auferlegt, und findet ihre eigene Lebensweise, die ihrer Freiheit und Selbstbestimmung entspricht.

💡Familie

Die 'Familie' ist ein wichtiger Bezugspunkt für Vanessa im Video. Ihre familiären Beziehungen sind durch ihre Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas geprägt, und der Verlust der familiären Verbindung nach dem Ausstieg ist ein großer Verlust für sie. Trotzdem sucht sie nach einer Möglichkeit, eine neue Beziehung zu ihren Eltern aufzubauen.

💡Identität

Die 'Identität' einer Person ist die Summe ihrer persönlichen Eigenschaften und ihrer Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen. Vanessa entwickelt ihre eigene Identität nach dem Ausstieg aus den Zeugen Jehovas, was im Video durch ihre neue Lebensweise, ihren Job und ihre Freiheit zum Ausdruck kommt.

💡Freiheit

Freiheit ist ein Kernthema im Video und bezieht sich auf Vanessas Streben nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Nach dem Ausstieg genießt sie die Freiheit, ihre eigene Lebensweise zu wählen, und sie arbeitet nur, wenn es ihr Spaß macht.

💡Psychologe

Der 'Psychologe' in dem Video, Dieter Rohmann, ist ein Experte für den Ausstieg aus Sekten und hilft Vanessa, mit den Herausforderungen des Ausstiegs umzugehen. Seine Rolle ist wichtig, um zu zeigen, wie Vanessa ihre Vergangenheit verarbeitet und eine neue Identität aufbaut.

💡Lebensfreude

Die 'Lebensfreude' ist die Freude an dem Leben und der Fähigkeit, positive Erfahrungen zu genießen. Vanessa zeigt im Video eine starke Lebensfreude, die durch ihre Aktivitäten und ihre positive Einstellung zum Leben hervorgehoben wird, insbesondere durch ihre Abenteuerlust und ihre Entscheidung, ihre Grenzen zu erkunden.

Highlights

Vanessa hat vor vier Jahren die Zeugen Jehovas verlassen und erlebt seitdem tiefgreifende Veränderungen im Leben.

Sie hat keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und den meisten Freunden, die in der Gemeinschaft geblieben sind.

Vanessa genießt jetzt die Freiheit, ihr Leben selbst zu bestimmen, was früher als Zeugin Jehovas nicht möglich war.

Sie wohnt in einer WG mit einem Mitbewohner, was als Zeugin Jehovas verboten gewesen wäre.

Vanessa hat sich ein Leben lang unter strengen Regeln und Verboten aufgewachsen, einschließlich der Ablehnung von Esoterik und Okkultismus.

Ihre Eltern haben Kontakt zu ihr abgebrochen, als sie an etwas anderes glaubte, was zeigt die Intoleranz innerhalb der Gemeinschaft.

Vanessa beschreibt, wie sie sich von den strengen Regeln der Zeugen Jehovas befreit hat, indem sie sich ein Tattoo stechen ließ.

Ihr Ausstieg aus der Gemeinschaft begann, als sie eine Lüge über einen schweren Regelverstoß glaubhaft machen musste.

Vanessa stellt ihre Überzeugung in Frage, nachdem sie erkannt hat, dass Gott ihre Lüge glauben könnte, was zu ihrer Erkenntnis führte, dass die Religion nicht für sie ist.

Sie beschreibt die Ängste und Erwartungen, als sie ihren Ausstieg konkret in einem Brief an die Gemeinschaft kundtat.

Vanessa fühlt sich sauber und selbstbestimmt, nachdem sie ihre Entscheidung, die Gemeinschaft zu verlassen, getroffen hat.

Sie arbeitet nun ehrenamtlich in einem LGBTQ-Verein und als Sterbebegleiterin, was ihre neue Lebensweise und Wertvorstellungen widerspiegelt.

Vanessa hat eine Therapie mit einem Experten für Aussteiger aus Sekten und Kulten durchlaufen, um sich an die neue Realität zu erleben.

Sie reflektiert über die Herausforderungen, die mit dem Verlust der Familie und der alten Freunde einhergehen, und wie sie damit umgeht.

Vanessa hat sich der Freiheit hingegeben und lebt nun ein Leben, das von ihren eigenen Entscheidungen und Werten geprägt ist.

Sie hat sich der Herausforderung gestellt, das Dach des Münchner Olympiastadions zu erklimmen, was ihre neue Lebenslust und Abenteuerlust zeigt.

Vanessa gibt Interviews über ihren Ausstieg, was bedeutet, dass sie sich definitv von den Zeugen Jehovas abgetrennt hat.

Transcripts

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Du hängst da gut drin.

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Ahhhh!

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Vanessa war bei den Zeugen Jehovas.

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Wuuuh!

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Vor vier Jahren ist sie ausgestiegen.

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Fuck you! Ich bin jetzt weg, ich bin ich.

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Mache auch keine Kompromisse und keine Zugeständnisse mehr zu eurer Organisation,

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zu eurer Lebensweise.

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Von jetzt auf gleich bricht ihr Weltbild komplett zusammen.

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Boah, wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann hat der nichts mit dieser Religion zu tun.

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Ihr wurde von klein auf gesagt, die Welt in der sie sich befindet, ist negativ, böse und schlecht.

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Wie ist das, wenn die eigenen Eltern den Kontakt zu einem abbrechen, nur weil man an was anderes glaubt?

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Lieber Papa, liebe Mama, ich passe leider nicht in das Leben, das ihr euch immer für mich gewünscht habt.

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Leider kann und möchte ich mich nicht länger in eine Form pressen, die mir nicht gut tut.

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Und wie schafft man es, sich von heute auf morgen ein völlig neues Leben aufzubauen?

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Ich bin heute in München und treffe hier gleich jemanden mit einer ziemlich krassen Vergangenheit.

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Vanessa war ihr ganzes Leben lang bei den Zeugen Jehovas und ist vor vier Jahren ausgestiegen.

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Seitdem hat sich für sie so ziemlich alles verändert – kein Kontakt mehr zu ihrer Familie,

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kein Kontakt mehr zum Großteil ihrer Freunde, und sie kann zum ersten Mal wirklich frei

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entscheiden, was sie tun und lassen will.

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Das hier soll aber nicht die klassische Opfer-Reportage werden – ich will wissen, wie sie den Ausstieg

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geschafft hat und wie sich ihr Leben seitdem verändert hat.

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Hallo! Alina – freut mich mega dich kennenzulernen.

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Hi! Das freut mich auch!

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Das ist der Jurek.

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Hi, hallo! Freut mich.

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Und guck mal, ich hab' uns Croissants mitgebracht.

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Als Entschuldigung dafür, dass wir ein bisschen zu spät sind.

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Voll gut, ich hab' noch nicht gefrühstückt. Komm rein!

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Ja, mehr High-Tech hab ich nicht.

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Nee ist doch super, ich mag Filterkaffee mega gerne ehrlich gesagt.

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Ja, der ist auch nicht schlecht, das ist so ein lieber Kaffee.

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Vanessa ist 26 und wurde in die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas reingeboren.

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Heute wohnt sie in einer WG und hat einen Mitbewohner. Früher wär das nicht gegangen.

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Als Zeugin Jehovas durfte sie nur mit weiblichen Mit-Zeugen zusammenwohnen.

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Und auch sonst gab’s ziemlich viele Regeln.

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Wär jetzt hier drin irgendwas, was du früher irgendwie nicht hier drin hättest haben dürfen oder so?

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Voll, ja. Also Sachen, die man nicht sieht, natürlich auch. Aber, zum Beispiel das Poster hab' ich jetzt diesen

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Herbst erst gekauft, weil ich es momentan mit Sternzeichen und sowas irgendwie gerade arg hab'

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und das ist ja, also alles was mit Esoterik zu tun hat oder Okkulten oder Zauberei, ist

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eigentlich so ein No-Go.

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Als Kind durfte sie deshalb auch nicht Bibi Blocksberg hören oder Harry Potter gucken.

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Was waren denn so die Regeln für’s zuhause leben, was durfte man denn nicht?

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Ähm, wo soll ich da anfangen. Ich glaube es wär einfacher, wenn ich sage, was gegangen wäre.

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Das stimmt. Die Liste der Verbote ist lang – Rauchen, zu viel Alkohol, fluchen, Geburtstag

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oder Weihnachten feiern, Tattoos, Piercings oder Sex vor der Ehe waren für Vanessa tabu.

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Ein Leben außerhalb dieser Regeln hätte sie sich früher nicht vorstellen können.

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Haben die einem das denn alles so vorgegeben oder hast du das aus freien Stücken so entschieden?

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Also, die Regeln sind halt da und dann kommt das auf jeden einzelnen Zeugen Jehovas drauf an, wie streng

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und eng man sich daran hält. Je braver man ist und je enger man sich an die Regeln hält,

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desto angesehener ist man. Und das hängt natürlich auch viel davon ab, in welcher

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Familie man aufwächst, es gibt innerhalb der Organisation auch Familien, die vielleicht

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nicht so streng sind mit ihren Kindern, aber meine Eltern waren damals und sind heute immer

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noch wirklich so 150 Prozent dabei.

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Und ähm, und die... Ja.

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In dem Kontext ist freiwillige Entscheidung immer ein bisschen schwierig.

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Wie freiwillig ist denn das, wenn man so indoktriniert ist

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und eigentlich es ist immer so ein Trade entweder du machst, was du eigentlich wollen würdest,

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dann bist du deine Freunde und die Anerkennung und sowas los oder du hälst dich halt da dran

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"freiwillig" und hast dafür….sorry, die Katze hat gleich ihre spinnenden fünf Minuten jetzt.

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Ein paar der Regeln hat sie allerdings schon immer nicht ganz so genau genommen. Ihr erstes

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Tattoo lässt sie sich heimlich an der Leiste stechen – hat damals deswegen aber ein mega

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schlechtes Gewissen. Der Rest ihrer Tattoos ist danach dazu gekommen.

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Das ist mein Aussteiger Tattoo. Die Geschichte von dem Schmetterling, hab' ich mal irgendwo

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gelesen, dass Wissenschaftler den Schmetterlingen helfen wollten und die Kokons so ein bisschen

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angeritzt haben, damit die leichter raus können und die waren dann alle nicht lebensfähig,

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weil die Flügel zu schwach waren. Die haben diesen Kampf gebraucht, sich da rauszuquetschen,

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um dann stark zu sein.

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Genau so sieht Vanessa auch ihren Kampf. Ich frage mich aber, wie es überhaupt zu ihrem Ausstieg kam.

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Vanessa erzählt mir eine ziemlich abgefahrene Geschichte:

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Ihre Mitbewohnerin, auch Zeugin Jehovas, erwischt sie beim Sex. Laut Zeugen ein schwerer Regelverstoß.

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Um nicht rausgeschmissen zu werden, muss sie mit ihrem Freund, vor anderen Zeugen-Mitgliedern,

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glaubhaft machen, dass ihr der Vorfall leid tut. Tat er natürlich nicht.

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Und dann haben sie uns wieder reingerufen nach einer Zeit

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und ich dachte mir die ganze Zeit, wo ich gewartet habe:

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"Oh bitte, bitte das muss doch klappen irgendwie."

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Dass die mir das glauben, dass ich die verarschen konnte.

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Aber eigentlich dachte ich, ich kann ja Gott nicht verarschen, weil mir wurde beigebracht,

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der kann in mein Herz gucken, der sieht eh alles und das Problem war aber, in dem Moment,

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wo die mir das gesagt haben, dass Gott mir das glaubt oder, dass sie mir das glauben,

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dachte ich mir so: "Hä?! Der hätte das doch sehen müssen, dass ich das nicht ernst meine und

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dass mir das nicht leid tut." Und in dem Moment dachte ich: Boah, wenn es überhaupt einen Gott

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gibt, dann hat der nichts mit dieser Religion zu tun.

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Das ist der Moment, indem Vanessa ihr Weltbild komplett in Frage stellt – und der Anfang vom Ausstieg.

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Seitdem hat sich ihr Leben von Grund auf verändert.

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Aber erstmal geht’s für uns zu dem Ort, an dem ihr Ausstieg konkret wurde.

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Wir laufen zum Köngreichssaal, da feiern die Zeugen Jehovas ihre Gottesdienste – bei

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ihnen heißt das aber Versammlung. Hier war Vanessa mindestens zweimal die Woche.

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Ich habe Angst vor Konfrontation, also dass jetzt irgendjemand rauskommen könnte.

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Es ist sehr unwahrscheinlich, also vielleicht wenn sie jetzt durch’s Fenster gucken würden,

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aber die Vorhänge sind zu. Ja weiß ich nicht.

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Ich bin nicht scharf auf Konfrontation.

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Krass, ich hätte mir das irgendwie…

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...spektakulärer vorgestellt.

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Ja, ehrlich gesagt, spektakulärer vorgestellt.

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In Deutschland gibt mehr als 900 solcher Säle. Insgesamt gibt es rund 165.000 Zeugen Jehovas

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in Deutschland. Offiziell sind sie übrigens keine Sekte,

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sondern seit 2017 eine bundesweit anerkannte Glaubensgemeinschaft. Ich habe mit mehreren

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Sektenexperten gesprochen, die diese Entscheidung kritisch sehen.

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Vielleicht wurde euch so einer am Bahnhof schonmal in die Hand gedrückt.

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Im Wachtturm steht unter anderem, dass es irgendwann zu Harmagedon kommt – einer apokalyptischen

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Schlacht, bei der alle Menschen vor ein jüngstes Gericht kommen.

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Wer fromm genug gelebt hat, dürfe ins Paradies. Alle anderen würden qualvoll sterben.

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Klingt für mich total absurd – Vanessa hat das jahrelang geglaubt.

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Auch, weil ihr das als Kind schon erzählt wurde.

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Ja, also da wurde immer eine Zeit lang eine Publikation besprochen und das war in dem

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Fall dieses rote Buch da, super scary, ein ganz gruseliges Buch, da geht’s irgendwie

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um das letzte Buch in der Bibel, die Offenbarung. Und wer das kennt, da sind mega crazy, verrückt.

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Und die Bilder waren dazu auch reingezeichnet. Also, ja.

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Was passiert da?

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In der Offenbarung?

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Grob.

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Es ist sehr Science-Fiction-mäßig eigentlich. Und es wird aber von gruseligen Monstern, so

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fünfköpfigen Drachen und ähm…

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Alter, und das liest dir…?

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Ja, das zeigt sie mir da!

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Gott!

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Um Auszusteigen, schreibt sie einen Brief und wirft ihn hier ein. Klingt für mich erstmal ziemlich easy.

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Normalerweise wird danach noch abgeklärt, wie ernst es einem wirklich ist.

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Vanessa schreibt aber ausdrücklich, dass sie nach dem Brief nicht mehr kontaktiert werden will.

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Ja, da, entweder der graue oder einer der weißen, ich weiß es jetzt nicht mehr.

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Krass, und wie war das in dem Moment für dich? Das war ja schon eigentlich, also damit

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war’s halt offiziell, so oder? Wie hat sich das angefühlt, was ging in dir vor?

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Ich habe mich sehr sauber gefühlt. Also davor bin ich ja so zweigleisig gefahren, ich hatte

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das Gefühl ich war mir selber treu und es hat sich sehr rein angefühlt.

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Also endlich das da rein und offiziell:

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Fuck you, ich bin jetzt weg. Ich bin ich ich und mache auch keine Kompromisse und keine Zugeständnisse

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mehr zu eurer Organisation und eurer Lebensweise. Ich hab mich so integer gefühlt, das war echt schön.

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Seit sie raus ist, macht Vanessa nur noch das, worauf sie Lust hat. Seitdem ist für

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sie kein Tag gleich, erzählt sie mir. Weil es ihr gerade vor allem darum geht, ihre Freiheit

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zu genießen, arbeitet sie nur zwei- bis dreimal die Woche.

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Dankeschön.

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Hallo!

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Hallo, du bist ja schon fertig!

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Das ist Nina – sie ist 22, studiert Soziologie und hat eine unheilbare Muskelkrankheit.

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Vanessa ist eine von acht Helferinnen, die sich rundum die Uhr um sie kümmern.

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Die dünne Jacke?

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Was ist los? Hast du falsch geatmet?

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Manchmal gucken sie nur Filme oder Serien zuhause, aber heute will Nina in die Stadt,

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ein paar Besorgungen machen.

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Hast du einen neuen Pulli? Ja?

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Was?

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Ist der neu, ich hab den noch nicht gesehen.

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Ja.

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Das ist ein… Nina, erklär mal.

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Okay.

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Ja.

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Aber du brauchst das nicht immer.

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Ist das von irgendwas abhängig wann du das brauchst und wann nicht?

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Na hoffentlich hast du Lust zu atmen!

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Sollen wir los?

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Ja.

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Früher war Vanessa Sachbearbeiterin bei der Stadt, um nach der Arbeit mindestens zweimal

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die Woche missionieren gehen zu können. So ein Job wie dieser hier wäre früher für

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sie zwar offiziell nicht verboten gewesen – trotzdem hätte sie ihn niemals gemacht.

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Ich hätte auch immer im Hinterkopf gehabt, Nina ist jemand, der auch zum Beispiel in diesem

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jüngsten Gericht dann nicht überlebt und ich hätte dann im Hinterkopf gehabt:

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"Boah, ich muss die irgendwie retten oder ich darf nicht gut finden, wenn ich sie begleiten muss,

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Weihnachtsgeschenke kaufen oder so.

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Und ich hätte viele, weiß ich nicht... Ich wär sehr verklemmt gewesen.

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Ich weiß das aus Erfahrung mit anderen Arbeitskollegen früher.

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Wie ist das für dich Nina, wie geht es dir, wenn du sowas hörst? Stell dir mal vor, wenn, also in meinem

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Fall wär’s ja genauso gewesen. Also dass du jetzt gedacht hättest, dass ich das jüngste

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Gericht nicht überlebe und so. Also irgendwie…

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Ja, sehe ich auch so. Aber jeder sollte auch die Möglichkeit haben,

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seinen Glauben kritisch hinterfragen zu dürfen.

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Wenn einem schon als Kind beigebracht wird,

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dass nur man selbst „die Wahrheit“ kennt und alle anderen irgendwann sterben, weil

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sie nicht das gleiche glauben – find ich das verwerflich.

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Hi, habt ihr irgendwie einen Flyer oder irgendwas, wo man die Pralinen angucken kann, die ihr habt?

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Ah, perfekt, vielen Dank, danke.

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Neben ihrem Job bei Nina arbeitet Vanessa ehrenamtlich auch noch in einem LGBTQ Verein,

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fängt bald eine Ausbildung zur Masseurin an und hat sich im vergangenen Jahr zur Sterbebegleiterin

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ausbilden lassen. Klingt für mich zwar auch nach einer Menge Zeit, die dafür drauf geht,

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aber ihr geht’s um die Abwechslung.

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Hospiz habe ich zum Beispiel nicht gemacht, um sozial zu sein, sondern weil ich durch die

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vielen krassen Sachen, die schon passiert sind in meinem Leben,

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ist irgendwie nicht mehr so viel übrig.

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Und ich habe aber das Bedürfnis noch weiter zu wachsen und deswegen möchte ich gern an die Grenzen

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gehen und die extremen Dinge erleben.

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Vanessas Lust aufs Leben beeindruckt mich – aber die musste sie sich erst erarbeiten.

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Vor dem Ausstieg ging es ihr lange sehr schlecht.

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Aber die Geschichte will sie mir erst nach Feierabend erzählen.

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So, magst du hier oder…

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Mir egal.

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Komm ruhig hierhin. Achso, jetzt doch da?

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Nee, nur zum reinquetschen.

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Ok.

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Vanessa erzählt mir, dass sie schon als Jugendliche merkt, dass sie dem Leben mit den vielen strengen

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Reglen nicht gerecht werden kann. Sie hat permanent das Gefühl, nicht gut genug zu sein.

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Mit 16 entwickelt sie deshalb eine schwere Depression.

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Da sah’s ziemlich finster aus.

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Was hat dich da so unglücklich gemacht, weißt du das noch?

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Einfach nicht ich selbst sein zu dürfen.

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Ich bin richtig schlimm psychisch krank geworden, ich habe Psychopharmaka bekommen dann

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seit ich 17 war. Ja. Ich hab mich selbst verletzt.

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Zu der Zeit fängt Vanessa auch eine Psychotherapie an. Bedingung: Die Therapeutin darf das

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Zeugen-Jehovas-Thema nicht ansprechen. Überraschung: Viel geholfen hat das nicht.

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Im Prinzip habe sich ihr Ausstieg so über Jahre schon angebahnt, erzählt sie mir. Als

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der immer konkreter wird, schreibt sie ihren Eltern einen Brief.

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Lieber Papa, liebe Mama, zu lange schweben wir jetzt schon in diesem Niemandsland und

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wissen nicht richtig, wie wir uns begegnen sollen. Jedes Treffen ist seltsam und jeder

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Blickkontakt hochemotional. Das liegt wahrscheinlich nur daran, dass ich mich entschieden habe,

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mein Leben selbstbestimmt zu führen und nicht mehr so, wie ihr es von mir gewohnt seid.

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Ich passe leider nicht in das Leben, das ihr euch immer für mich gewünscht habt.

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Das tut mir besonders für euch so unendlich Leid, ich weiß, wie weh euch das tun muss.

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Aber leider kann und möchte ich mich nicht mehr in eine Form pressen, die mir nicht gut tut.

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Es wäre das schönste für mich wenn wir trotz verschiedener Ansichten eine gemeinsame Ebene finden

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und ihr mich als die lebenslustige, glückliche junge Frau sehen und erleben könntet, die ich jetzt bin.

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Ich liebe euch so sehr, Vanessa.

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Krass. Voll schön geschrieben.

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Wie reflektiert Vanessa ihre Gedanken formuliert, beeindruckt mich. Ihr Wunsch, einen normalen

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Kontakt zu ihren Eltern haben zu können, hat sich aber nicht erfüllt. Nach dem Brief

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sagen ihre Eltern ihr, sie sei das schönste Geschenk, was sie je von Jehova je bekommen hätten,

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dass sie aber nicht das Geschenk über den Schenker stellen dürften.

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Seitdem sagen sie sich nur noch auf der Straße Hallo.

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Gab es jemals einen Moment, wo du deine Entscheidung nochmal in Frage gestellt hast?

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Nee. Ich hab'… wenn dann mal so für einen Bruchteil einer Sekunde, wenn ich irgendwie mal

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meine Eltern vermisst habe, oder so dann kommt das vielleicht so echt eine Sekunde hoch und

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dann kommt sofort: Nee, das geht nicht. Der Preis ist einfach viel zu hoch, den ich zahlen müsste

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und ich kann auf keinen Fall so gut schauspielern, dass ich so tun könnte als ob ich das wieder glaube.

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Und... Ja, der Preis ist einfach viel zu hoch, es ist unmöglich.

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Ich glaube ich habe selten eine stärkere Persönlichkeit kennengelernt, als Vanessa.

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Was aber noch nicht in meinen Kopf reingeht: Wie hat sie es geschafft, sich von jemandem,

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der an den Weltuntergang glaubt, zu der Person zu entwickeln, die sie heute ist?

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Auf dem Viktualienmarkt treffen wir einen Tag später den Mann, der Vanessa dabei geholfen hat.

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Dieter Rohmann ist Psychologe und spezialisiert auf Aussteiger aus Sekten und Kulten.

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Also updatet ihr euch schon dann regelmäßig, so was passiert im Leben?

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Eigentlich, ja, einmal im Jahr halt. Oder zweimal im Jahr. Aber jetzt nicht so...

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Ja halt, wie es halt reinläuft. Wenn Vanessa das Gefühl hat: "Jetzt möchte ich mal erzählen".

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Dann hab ich auch meistens Zeit.

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Kurz nach ihrem Ausstieg war Vanessa ein Jahr lang bei Dieter Rohmann in Therapie.

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Jemand wie Vanessa hat über Jahre gesagt bekommen, dass die Erde eine Scheibe ist.

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Also jetzt im übertragenden Sinne. Und dass, wenn sie bis zu der Kante geht, dass dann da die Ungeheuer

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sind und sie im freien Fall sein wird. Das heißt, ihr wurde von klein auf gesagt:

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"Die Welt, in der sie sich befindet, ist negativ, böse und schlecht und habe keinen Anteil mit dieser Welt."

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In dem Moment, wo Vanessa ausstieg aus der Gemeinschaft war das erstmal ziemlich

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Neuland. Erstmal neu alles bewerten lernen, wieso stimmt das denn nicht, was ich gesagt

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bekommen habe, wie kann man das denn noch sehen, also diesen Perspektivwechsel lernen zu vollziehen.

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Um genau das zu schaffen, brauchte es Zeit und viele Gespräche.

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Wenn man dann aber rauskommt so frisch, dann musst du ja dich um alles kümmern, also besonders

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wenn du keinen Kontakt zur Familie hast, musst du genau wissen wie alles funktioniert, wie

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du funktionierst, wer du bist, und dann musst du alles entscheiden, vorher wurde ja alles abgenommen und

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jetzt, wo ich das alles gelernt habe und weiß wer ich bin, lieb ich das, das ist echt wie ein Fisch

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im Wasser aber das zu lernen war schon irgendwie anstrengend.

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Es hat mich wahnsinnig berührt, als der erste Aussteiger aus einem Kult, das erste Sektenkind, gesagt hat:

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"Herr Rohmann, könnten Sie mir erklären und beibringen, wie man Freundschaft schließt?"

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Das war schon schlimm, weil mir da erst klar wurde: Die mussten das ja nie.

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In der Gemeinschaft, in der sie aufwuchsen, waren sie ja alle Brüder und Schwestern. Und deshalb

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haben sie auch nie gelernt, sich abzugrenzen wie andere Menschen, zu sagen:

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"Hey, der tut mir gut, der tut mir nicht gut." Das mussten die nie lernen. Sie mussten auch nie lernen,

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zu streiten, das war eine andere Frage eines Aussteigers, der mich gebeten hat: "Könnten

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wir mal ein Seminar machen, wo ich streiten lernen kann, ich kann das nicht." Wo ich erst

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verstehen lernen musste: Wieso kann der das nicht? Und dann hat’s geklickert: Klar,

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die beten das ja weg. Für uns ist das selbstverständlich, wir sind anders aufgewachsen, aber Sektenkinder

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haben kein gelebtes Leben vor dem Kult. Das heißt, sie gehen aus dem Kult-Setting raus

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in eine Welt, die ihnen erst einmal komplett fremd ist.

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Nach der Therapie hat er Vanessa eine Art Patenschaft angeboten – Wenn sie etwas bedrückt

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und auch wenn nicht, kann sie sich jederzeit bei ihm melden.

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Ich finde auch echt, am aller beeindruckendsten an dir ist, was für eine krasse Lebensfreude

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du versprühst und wie offen du über alles sprechen kannst, so, ne?

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Ist das bei vielen von ihren Aussteigern der Fall oder ist Vanessa jetzt echt eine krasse Ausnahme

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und ihrer Verarbeitung?

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Nee, ich wollt schon sagen, diese Patenschaft übernehme ich nicht permanent und immer.

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Vanessa ist da schon was ganz besonderes, ja.

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Und ich hoffe auch, dass es ihr gelingt, dass selber so zu empfinden. Nicht nur, wenn

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sie es gesagt bekommt, sondern dass es auch hier bei ihr wohnt und dass sie weiß:

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"Ich bin was besonderes!" Wir sind alle was besonderes, wir sollten nur vielleicht statt dass wir an irgendeinen

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Gott glauben, auch mal daran glauben. Wir müssen nicht permanent irgendwas optimieren,

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besser machen, höher, schneller, weiter kommen. Vielleicht wird es Zeit zu sagen: So wie ich

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jetzt bin, das fühlt sich gut an und ich bin neugierig auf das morgen.

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Wie ernst Vanessa dieses Motto nimmt, wird mir am nächsten Tag klar.

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Ok, dann… ich glaub das hier war meiner, oder? Ja, ihr müsst da einfach von der Seite reinsteigen.

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Hier so, einfach hier so? - Genau.

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Wir sind im Münchner Olympiastadion. Für uns geht’s gleich hoch aufs Dach.

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Vanessa hatte Bock auf Action.

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Ich bin bereit, ich bin bereit!

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Aufgeregt? - Nee, erst wenn ich oben steh glaub ich, und ich runter gucke.

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Aber ich freu mich jetzt sehr, dass wir das machen.

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Mit dabei ist heute ihre beste Freundin Nuni. Die beiden kennen sich aus der Schulzeit

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und seit Vanessa draußen ist, machen sie sowas öfter.

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Ist das jetzt so ein Standard-Sonntag für dich? - Ja, voll!

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Vanessa war schonmal hier. Die Zeugen Jehovas haben hier im Olympiastadion jahrelang einen

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Riesen-Kongress veranstaltet, bei dem auch viele Mitglieder getauft wurden.

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Vanessa war eine von ihnen.

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Früher saßt du hier und jetzt stehst du drüber.

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Jetzt steh ich drüber, voll gut, ja.

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Wenn Zeitreisen möglich wären und ich jetzt dahin reisen würde und mir das sagen

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würde, ich glaube mir würde der Kopf explodieren vor lauter:"Das kann nicht sein."

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Vanessa und Nuni hatten nach der Schule vier Jahre lang keinen Kontakt, weil Zeugen mit

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Nicht-Mitgliedern nur so viel zu tun haben sollen, wie zwingend nötig.

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Man hat halt immer gemerkt, irgendwas hält dich davon ab, irgendeine Distanz ist halt einfach da.

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Ja, und dann hast du mir erzählt, da waren wir im Hofgarten glaube ich, in der

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Innentadt, und dann hast du zu mir gesagt du fühlst dich halt wie so ein Alien oder

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wie auf nem anderen Stern, weil so viel neues einfach da ist und ja, fand ich schon echt toll.

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So, wie als wärst du so aus einem weit entfernten Land endlich zurück.

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Aktionen wie diese hier, bei denen Vanessa auch nur halbwegs ihr Leben in Gefahr bringen

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könnte, hätte sie früher nicht machen dürfen. Auch ein Grund, warum sie genau darauf heute

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Bock hat. Für uns geht’s geht’s jetzt hoch auf 42 Meter.

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Oh mein Gott! What the fuck?!

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Haste noch Bock? - Machst du mal einen Buckel bitte? Buckel machen.

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Ich hab voll Schiss!

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So mit den Füßen, genau, sehr schön. Hängst ja schon drin. Du hast es ja richtig eilig,

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jetzt machst du dich mal ein bisschen gerade, so, super. Wir warten mal kurz mit dem Wind.

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Das macht ihr doch jetzt extra. Meine Knie zittern voll!

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Ich würd sagen wenn du möchtest,

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gehen wir runter, ja? -Ja! Nach hinten lehnen, Knie durchstrecken, nichts machen…super!

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Woooooh!

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Wie geil ist das denn?

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Juhuhuhu!

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Cool! Ich hab’s geschafft, so geil! Voll gut!

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Und dann müssen Jurek und ich noch runter.

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Ah fuck, da sind sie.

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Huuui, voll gut! Das ist ja mega!

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Mit diesem Film hat sich Vanessa die auch die letzte Möglichkeit genommen, jemals zu

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den Zeugen Jehovas zurück zu gehen. Denn wer als Aussteiger Interviews gibt, gilt als

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„abtrünnig“ und kann nicht mehr zurück in die Gemeinschaft.

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Jetzt bin ich worst case, ja. Wie fühlt sich das an, worst case zu sein? Ach ganz gut eigentlich.

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Also, ich fühl mich wie ich, und das ist total in Ordnung, also ich glaube wenn ich

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jetzt noch glauben würde, was die glauben würden, dann wär’s echt gruselig, aber

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ich glaube das ja nicht und ich weiß auch, dass ich nicht zurück gehen will.

play25:55

Und, kennt Ihr auch jemanden, der aus einem Kult oder einer Sekte ausgestiegen ist?

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Seid Ihr vielleicht sogar selbst betroffen?

play26:01

Schreibt es doch gerne unten in die Kommentare.

play26:03

Wir verlinken Euch auch noch die Reportage von die Frage, die waren mit Zeugen Jehovas beim Missionieren unterwegs.

play26:09

Das lohnt sich auch mal die Gegenseite anzugucken.

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Ich danke Euch fürs Zugucken. Bis zum nächsten Film!

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