Fritz W. Scharpf - Positive und negative Koordination

Summary

Der Vortrag beschreibt die Unterschiede zwischen negativer und positiver Koordination in der Ministerialbürokratie, basierend auf einer empirischen Untersuchung. Negative Koordination tritt auf, wenn verschiedene Referate ihre Entwürfe minimal abstimmen, um Konflikte zu vermeiden, was zu suboptimalen Lösungen führt. Positive Koordination erfordert dagegen intensives politisches Engagement und den Austausch von Handlungsmöglichkeiten, um gemeinsame, effektive Lösungen zu finden. Obwohl sie organisatorisch und politisch aufwendiger ist, führt sie zu besseren Ergebnissen, da sie über die Fähigkeiten einzelner Referate hinausgeht und alle relevanten Interessen berücksichtigt.

Takeaways

• 😀 Das Muster der Ressortkoordination in der Ministerialbürokratie wurde empirisch durch Untersuchungen entdeckt.
• 😀 Die Federführung für einen Gesetzentwurf liegt bei einem bestimmten Ressort oder Referat, das aber mit anderen Ressorts und Referaten zusammenarbeitet.
• 😀 Der Entwurf wird von anderen Referaten geprüft, um sicherzustellen, dass keine Irritationen oder Schwierigkeiten für ihre Kompetenzen und Aufgaben entstehen.
• 😀 Die Mitzeichnungsberechtigten haben eine faktische Veto-Funktion, da sie den Entwurf nur abzeichnen, wenn er ihren Interessen nicht widerspricht.
• 😀 Nur Vorlagen, die von allen Mitzeichnungsberechtigten abgezeichnet wurden, gelangen ins Kabinett.
• 😀 Das ursprüngliche Konzept eines Referats wird durch die Kumulation von Mitzeichnungsrechten herunterkoordiniert, sodass der Entwurf niemandem anderen schadet.
• 😀 Positive Koordination wurde nur in Ausnahmefällen entdeckt und findet organisatorisch in Form von Projektgruppen statt, bei denen verschiedene Ressorts zusammenarbeiten.
• 😀 In der positiven Koordination werden die Handlungsoptionen der beteiligten Referate berücksichtigt, um Lösungen zu finden, die über die individuellen Möglichkeiten hinausgehen.
• 😀 Positive Koordination erzielt unter wohlfahrtstheoretischen Gesichtspunkten bessere Ergebnisse als negative Koordination, da sie Lösungen bietet, die für alle Beteiligten von Vorteil sind.
• 😀 Der Aufwand für positive Koordination ist organisatorisch und politisch erheblich höher als der für negative Koordination, die in der Praxis oft als ‚business as usual‘ gilt.
• 😀 Positive Koordination erfordert ein starkes Engagement der politischen Leitung, um die verschiedenen Ressorts dazu zu bringen, ihre Handlungsmöglichkeiten zur Disposition zu stellen.

Q & A

Was wurde in den Untersuchungen zur Ministerialbürokratie entdeckt?

In den Untersuchungen wurde ein Muster entdeckt, bei dem die Ressortkoordination eine zentrale Rolle spielt. Dabei hat jedes Referat eine federführende Aufgabe für einen Gesetzentwurf, aber auch andere Referate sind durch Mitzeichnung in den Prozess eingebunden.

Was bedeutet Mitzeichnung in diesem Kontext?

Mitzeichnung bedeutet, dass andere Referate den Entwurf eines federführenden Referats prüfen und nur dann abzeichnen, wenn der Entwurf keine negativen Auswirkungen auf ihre eigenen Aufgaben oder Kompetenzen hat.

Was passiert, wenn ein Referat die Mitzeichnung verweigert?

Wenn ein Referat die Mitzeichnung verweigert, wird der Entwurf nicht weiter bearbeitet und geht nicht in die Kabinettsvorlage, da er nicht alle erforderlichen Zustimmungen erhalten hat.

Wie wird ein Gesetzentwurf bei der negativen Koordination verändert?

Ein Gesetzentwurf wird bei der negativen Koordination durch die Mitzeichnungsrechte der beteiligten Referate 'herunterkoordiniert', was bedeutet, dass der Entwurf auf Vorschläge reduziert wird, die niemandem anderen schaden.

Was sind die Merkmale der positiven Koordination?

Positive Koordination findet in Ausnahmefällen statt und involviert die Zusammenarbeit von Projektgruppen, in denen Vertreter aus verschiedenen Ressorts gemeinsam an größeren Vorhaben arbeiten. Diese Form der Koordination berücksichtigt die Interessen aller Beteiligten und führt zu Lösungen, die über das hinausgehen, was ein einzelnes Referat erreichen könnte.

Welche Vorteile bietet positive Koordination?

Positive Koordination führt zu besseren Ergebnissen aus wohlfahrtstheoretischer Sicht, da sie eine umfassendere und koordinierte Lösung fördert, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.

Warum ist positive Koordination organisatorisch und politisch aufwendiger?

Positive Koordination erfordert ein starkes Engagement der politischen Leitung, um die verschiedenen Ressorts dazu zu bewegen, ihre Handlungsmöglichkeiten zur Disposition zu stellen. Dies ist organisatorisch und politisch viel aufwendiger als die negative Koordination.

Was ist der Unterschied zwischen negativer und positiver Koordination?

Negative Koordination ist eine einfachere, alltägliche Praxis, bei der Referate ihre Entwürfe selbstständig abgleichen und anpassen. Positive Koordination erfordert eine intensivere Zusammenarbeit, bei der Lösungen konstruiert werden, die die Interessen aller Ressorts berücksichtigen.

Was ist das Ziel der Ressortkoordination in der Ministerialbürokratie?

Das Ziel der Ressortkoordination ist es, Gesetzentwürfe zu entwickeln, die die Aufgaben und Kompetenzen der verschiedenen Referate optimal berücksichtigen, während gleichzeitig Konflikte und Irritationen vermieden werden.

Wie wurde die positive Koordination theoretisch modelliert?

Die positive Koordination wurde spieltheoretisch modelliert, und es konnte gezeigt werden, dass sie unter wohlfahrtstheoretischen Gesichtspunkten wesentlich bessere Ergebnisse erzielt als die negative Koordination.